Wir haben keine Not, wir müssen keine Frauen einziehen, um unsere Verteidigungsfähigkeit herzustellen.
Eine Zwangsverpflichtung ist ja auch nicht für die nächste NATO Übung gedacht, sondern wenn wir eben den Verteidigungsfall haben.
[MDR] 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht die Nicht-Existenz einer Wehrpflicht für Frauen in einem Beschluss auch damit begründet, dass Frauen im familiären Bereich stärkeren Belastungen ausgesetzt sind als Männer und dass das eben ihre Herausnahme aus den Dienstverpflichtungen rechtfertigen würde. Verstärkt nicht aber diese Begründung noch die binäre Rollenverteilung und eben die Ungleichbehandlung von Frauen, gegen die feministische Bewegungen kämpfen?
[Groh] Die Wehrpflicht für Frauen bedeutet ja nur, dass wir eine Pflicht zusätzlich für Frauen schaffen. Es gibt eine zusätzliche Rolle, in die ich Frauen reinzwinge, obwohl die das gar nicht wollen.
Und ich als Man möchte auch nicht pauschal in die Schublade "Mammutjäger" gesteckt zu werden. Es ist also OK, mich zum Dienst an der Waffe zu verpflichten, weil die Gesellschaft das als meine Pflicht als Man sieht? Mal böse umgedreht: Manche sehen es als Pflicht der Frau, den Haushalt zu führen. Richtiger macht es das trotzdem nicht. Männer sollten auch vermehrt diese Care-Arbeit wahrnehmen, aber wenn ich der Argumentation von Frau Groh folge, ist das eine neue zusätzliche Rolle, die ich aufgrund meiner Benachteiligung durch den Zwangsdienst nicht übernehmen müsste.
Ich versuche ja echt nicht in "Red Pill"-Terrain abzudriften, aber manchmal ist es für mich einfach schwierig der Argumentation zu folgen. Vor allem, wenn dann noch solche Sachen kommen:
[MDR] Und anstatt Frauen mit einer Wehrpflicht im gleichen Maße zu "benachteiligen" wie es Männer schon sind, die Wehrpflicht auch für Männer abzuschaffen? Wäre das dann die bessere, die feministischere Lösung?
[Groh] Vor 2022 schon, ja. Aber mittlerweile spielen da ja ganz andere politische Kriterien mit.
Ja, genau. Die Lage hat sich dramatisch geändert. Wäre es dann nicht an der Zeit, eben diese Einstellung zum Thema Frauen und Dienst an der Waffe zu überdenken? Der darauffolgende Satz erscheint mir dann schon fast wie blanker Hohn:
[Groh] Aber wenn es nicht klappen sollte, genügend [männliche] Freiwillige zu kriegen, dann muss eben wieder zwangsverpflichtet werden, weil das Ziel wehrtüchtig zu werden, das Ziel Gleichbehandlung herzustellen im Moment toppt.
Die Zeiten ändern sich, aber wir machen weiter wie bisher. Frau Groh könnte glatt ein Ministerium für die Union in der kommenden Regierung übernehmen.
Das liegt auch daran, dass die Chancen für Frauen in der Bundeswehr in Führungspositionen zu kommen, sehr gering sind. Das Problem ist, um in die ganz hohen Ränge zu kommen, muss man viele verschiedene Verwendungen durchlaufen. Das heißt, man wird so gut wie alle zwei Jahre in eine neue Verwendung gesteckt und muss in der Regel auch umziehen. Und das machen Sie mal, wenn Sie gerade Mutter geworden sind und nicht wissen, wie Sie die Kinderbetreuung regeln sollen. Welcher Mann macht das mit, der nicht vielleicht selber noch bei der Bundeswehr ist?
Einer, der sich mit seiner Frau gut abgestimmt hat. Im Normalfall fällt ein Kind nicht vom Himmel und wenn die Karriereziele des Paares eine Kinderbetreuung nicht zulassen, dann sind meiner Ansicht nach die beiden Optionen entweder kein gemeinsames Kind zu bekommen oder dass die Beziehung so nicht weitergehen kann. Gemeinsame oder zumindest kompatible Ziele erscheinen mir persönlich als eine wichtige Grundlage für eine funktionierende Beziehung. Nicht jeder Mann will eine Taika Waititi und Cate Blanchett Style Beziehung und nicht jede Frau will am Herd stehen. Alles ganz normal in einer gleichberechtigten Gesellschaft.
Und dann haben wir so ganz profane Probleme, wie unpassendes Equipment: Gasmasken sind zu groß, Splitterwesten zu groß.
Herzlich willkommen in meiner Welt als Mann jenseits der 1,90: Vieles ist ein kleines bisschen zu klein. Im ÖPNV wenig bis keine Beinfreiheit, Schuhe zu finden ist auch nicht immer leicht und in alten Häusern bleibe ich regelmäßig am Türrahmen hängen. Nicht passende Kleidung ist ein Beschaffungsproblem, von dem die Bundeswehr leider mehr wie eines hat und keine systematische Benachteiligung.
Alles in allem liest sich dieses Interview für mich wie ein Plädoyer für "Alles bleibt so wie es ist". Die einzige wirklich interessante Information wird weder erläutert noch weiter beachtet:
[Groh] Die Bundeswehr hat tatsächlich in der Attraktivität als Arbeitgeber für Frauen in den letzten drei Jahren um 50 Prozent verloren.
Warum? Darum?
[Groh] Das Ziel der Wehrtüchtigkeit verändert das Klima in der Bundeswehr wieder hin zum zu diesem Kämpfertum. Und die Belange der Frauen fallen mal wieder so ein bisschen hinten runter.
Dabei argumentiert Frau Groh doch weiter oben selbst gegen Gleichberechtigung in der aktuell stark veränderten Situation in Bezug auf einen Zwangsdienst für Frauen.
[Groh] Aber wenn es nicht klappen sollte, genügend [männliche] Freiwillige zu kriegen, dann muss eben wieder zwangsverpflichtet werden, weil das Ziel wehrtüchtig zu werden, das Ziel Gleichbehandlung herzustellen im Moment toppt.
Irgendwie ist das alles für mich ein Zirkelschluss, in dem einerseits mehr Gleichstellung gefordert und gleichzeitig abgelehnt wird.