Endspurt vor der Landtagswahl in Bayern: Die Grünen beklagen eine zunehmend aggressive Stimmung im Wahlkampf in Bierzelten und auf der Straße
Die Stimmung im Bayern-Wahlkampf ist ruppig. Vor allem die Grünen spüren starken Gegenwind. Das Spitzen-Duo wurde mit einem Stein beworfen. Die Sorge an der Basis wächst.
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„Viele unserer Ehrenamtlichen trauen sich nicht mehr, im Wahlkampf ihre Meinung zu sagen – aus Angst vor Angriffen“, sagt Jamila Schäfer, die im Bundestag Sprecherin der bayerischen Landesgruppe ist. Aus Sorge würden sie sich nicht mehr an Infostände stellen oder Haustürwahlkampf machen. „Jetzt flogen Steine auf unsere Spitzenkandidaten, und damit sehen sich viele in der Angst bestätigt“, sagt Schäfer.
Grünen-Wahlkampf 2023
Verbale Angriffe sind in den Bierzelten des Freistaats keine Seltenheit. Spätestens seit der Demo gegen das Heizungsgesetz in Erding richten sie sich vor allem gegen die Grünen. Natürlich kommen sie von der AfD. Aber auch Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger und führende CSU-Politiker haben den Ton vor der Bayern-Wahl verschärft. Auf dem Gillamoos sagte Markus Söder: „Die Grünen passen mit ihrem Weltbild nicht zu Bayern.“ Später sprach er ihnen das „Bayern-Gen“ ab.
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In Chieming beim Özdemir-Auftritt hatten junge Männer vor dem Zelt einen Stand aufgebaut. Im Sortiment: Wurfgeschosse aller Art. Tomaten, Eier, Klopapier, kleine Steine, aber auch große, die geworfen schwerere Verletzungen herbeiführen können. Ein Spaß?
Der gleiche Autor von diesem Artikel hat in den letzten 30 Tagen folgende Titel* verfasst:
„Habeck täuscht die Bürger erneut“: CSU warnt vor neuem Ärger beim Heizen – nun geht es ums Holz
„Die Grünen haben kein Bayern-Gen“: Söder und Hartmann im Duell vor der Wahl
„Grundrechte sind tabu“: Ex-Ministerin warnt vor Bevormundung der Bürger in der Klimapolitik
Deutschland wieder „kranker Mann Europas“? Ausland registriert Warnsignale
Ökopartei umwirbt die CSU: Grüner Irrglaube
Ich weiß nicht ob der sich über fliegende Steine gegen Grüne wundern muss...
*mehr als Titel liest man ja heutzutage eh nicht mehr und es trägt vor allem unterbewusst zur allgemeinen Stimmung bei
Der Merkur ist zu einem rechtspopulistischem Blatt verkommen. Ich lese da gerne die Lokalnachrichten (sonst kriegt man die nicht), und was hier an Meinungsmache mittlerweile vorhanden ist, ist schon arg.
Ich kann irgendwie nicht verstehen, wie eine herbeifantasierte "Hetzkampagne" (aka du hast in der Jugend Nazi-Scheiße verzapft) Aiwanger ein Umfragehoch beschert, aber diese realen Attacken und Bedrohungen für die Opfer politisch komplett wertlos zu sein scheinen.
Wie lange noch bis Rechtsextremisten zu den Waffen greifen und politische Gegner töten?
Moment, das hatten wir 2019 erst, Walter Lübcke.
Ist es den schon wieder 1933?
Man hört Thrillerpfeifen und Buh-Rufe, jemand hält ein Schild mit der Parole „Grüne Waffen töten nachhaltiger“, ein anderer „Schlau wählt Blau“ – blau steht für die AfD. Eine Grünen-Wahlveranstaltung in Neu-Ulm mit den beiden Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, Katharina Schulze und Ludwig Hartmann aus Landsberg, stand kürzlich hart am Rande des Abbruchs.
Unrühmlicher Höhepunkt des Abends vor etwa 100 Grünen-Anhängern und 50 Störern war ein Steinwurf auf offener Bühne. Etwa 30 Minuten nach Beginn der Veranstaltung warf ein 44-Jähriger aus Baden-Württemberg einen Stein, der das Duo verfehlte. Verletzt wurde niemand.
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Gegenüber dem Münchner Merkur erklärte Hartmann: „Ich habe mich nicht mehr sicher gefühlt.“ Der Steinwurf sei eine neue Qualität, er führe das auch auf das aufgeheizte politische Klima zurück. Ministerpräsident Markus Söder und sein Vize Hubert Aiwanger seien zwar nicht für den Steinwurf verantwortlich. „Aber für die aufgeheizte politische Stimmung tragen sie eine Verantwortung.“ Söder hatte zuletzt mehrmals erklärt, die Grünen hätten „kein Bayern-Gen.“ Hartmann sprach von einer „gewaltigen Hetzerei“, die in Bierzelten stattfinde. Es sei höchste Zeit, die „aufgeheizte Stimmung einmal runterzukühlen“.
Der Steinewerfer wurde von der Polizei festgenommen, er leistete dabei Widerstand und verletzte zwei Polizisten leicht. Ermittlungen wegen versuchter Körperverletzung, Verstoßes gegen das Versammlungsgesetzt und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte laufen. Nach Aufnahme der Personalien kam der wegen zurückliegender Delikte polizeibekannte Mann wieder frei.
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Nach Aufnahme der Personalien kam der wegen zurückliegender Delikte polizeibekannte Mann wieder frei.
Na ein Glück hat er sich nicht an der Bühne festgeklebt, sonst hätte es erstmal Untersuchungs- und Präventivhaft für zwei Monate und dann nochmal 6 Monate Haft nach dem Urteil gegeben. Aber Steine auf Grüne und Linke werfen ist ja nur ein Kavaliersdelikt. Hätte er einen Stein Richtung Polizei geworfen wäre es natürlich ein brutaler Mordversuch gewesen
Ministerpräsident Markus Söder und sein Vize Hubert Aiwanger seien zwar nicht für den Steinwurf verantwortlich.
Doch. Stochastischer Terrorismus und "Führerlose Widerstand" sind klare Bedrohungen, und solang Populisten solche Parolen nutzen und Angst und Hetze verbreiten, stehen sie moralisch direkt dahinter. Auch wenn es rechtlich noch nicht so gesehen wird.