Das Prinzip Hoffnungslosigkeit
Das Prinzip Hoffnungslosigkeit

Das Prinzip Hoffnungslosigkeit

Was Benjamin Netanyahu mit seinen rechtsextremen Koalitionspartnern verbindet, ist die Auffassung, dass jegliche politische Stabilität bei den Palästinensern eine Gefahr darstellt und zu bekämpfen ist. Dies ist der rote Faden der israelischen Kriegsführung.
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Der frühere Leiter des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Ami Ayalon, forderte Anfang April, dass »dieser Krieg enden muss, nicht nur weil er kein politisches Ziel hat, sondern auch weil er dazu führt, dass wir unsere Sicherheit und unsere Identität verlieren«. Noch deutlicher formulierte es der ehemalige Mossad-Direktor Tamir Pardo Anfang Juni: Der Krieg in Gaza sei »nutzlos« und »vollbringe nichts«. Aus israelischer Perspektive stelle er »eine Verschwendung« dar, er zerstöre »Leben, Geld und die Zukunft«.
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Nach dem 7. Oktober ist die Haltung von Netanyahus Lager in dieser Frage extremer geworden. Man könnte sie als politischen Nihilismus beschreiben: Eine Beilegung des Konflikts mit den Palästinensern ist demnach unmöglich, diese würden für immer eine existentielle Bedrohung darstellen. Die einzige verantwortungsvolle Politik bestehe also darin, die Palästinenser politisch zu schwächen und sie mit militärischer Gewalt in Schach zu halten. Alle Versuche, durch einen politischen Ausgleich für mehr Stabilität oder sogar Frieden zu sorgen, seien nicht nur sinnlos und illusionär, sondern sogar gefährlich.
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Die Parolen, man werde bis zum »endgültigen Sieg kämpfen« und »die Hamas ganz vernichten«, konnten kaum darüber hinwegtäuschen, dass es schlicht und ergreifend keinen politischen Plan zur Beendigung des Krieges gab. In diesem Vakuum erst konnten all die üblen Phantasien salonfähig werden, für die der Euphemismus »Trump-Plan« steht. Die Vorstellung, man müsse den Konflikt mit den Palästinensern durch Vertreibung lösen, war in Israel jahrzehntelang am äußersten rechten Rand marginalisiert. Auch wegen US-Präsident Donald Trump hat sich das nun offenbar geändert.
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Aber wie der israelische Sicherheitsexperte Seth Frantzman vor einigen Monaten in einem Interview im Podcast »Call Me Back« sagte: »In Ramallah werden keine Geiseln gefangen gehalten.« Seit die PA als »semigescheiterter Staat« in der Westbank existiere, habe es dort keine Bedrohung und Angriffe gegeben, die auch nur annähernd an die der Hamas und den 7. Oktober heranreichen würden. »Wenn man die Hamas loswerden will, muss man etwas anderes an ihre Stelle setzen«, meint Frantzman, denn wenn es in Gaza ein Machtvakuum gebe, werde die Hamas es füllen. »Wenn man sagt, wir wollen dort weder die PA noch die Hamas, wird man mit mathematischer Sicherheit die Hamas kriegen.«