DiGA Attexis: Digitale Hilfe für Erwachsene mit ADHS
DiGA Attexis: Digitale Hilfe für Erwachsene mit ADHS

DiGA Attexis: Digitale Hilfe für Erwachsene mit ADHS

Das digitale Programm Attexis ist die erste dauerhaft als DiGA* zugelassene App für Erwachsene mit ADHS. Sie musste wie ein Medikament einen Prüfungsprozess durchlaufen, und steht jetzt zur Verfügung. Weitere Anwendungen befinden sich noch in der Erprobungsphase.
Die näheren Konditionen kann man bei attexis nachlesen.
Es gibt auch ein PDF mit einer Gebrauchsanweisung.
Darin findet sich die von mir als Titelbild gewählte Abbildung mit WC-Gymnastik.
Einige der Teilnehmer:innen an den Vorstudien haben sich im letzten Jahr bei adxs.org über ihre Erfahrungen mit dem Programm ausgetauscht. Bemängelt wurde vor allem, dass man nicht zurückblättern kann innerhalb des Prozess.
Rezepte bekommt nur, wer F90.0 oder F90.1 Diagnosen hat. Mit ICD-Code F98.8 ist man beispielsweise raus.
Selbst zahlen ist möglich - wer 600 Euro loswerden will...
Grundsätzlich glaube ich, dass es tatsächlich effektive interaktive digitale Unterstützung für die Bearbeitung typischer ADHS-Themen geben könnte und müsste. Ob es die hier allerdings bringt... ich habe Zweifel.
Was ich schwierig finde, ist dieser dynamische Charakter des Ganzen, den ich da raus lese. Der Prozess kann pausiert werden - aber man kann nicht zurück, wenn man etwas für sich vertiefen möchte. Auch das exportieren der eigenen Daten ist nur begrenzt möglich.
Die Daten (Verlauf der Selbsteinschätzung usw. ) liegen beim Hersteller, man kann sich nur Zusammenfassungen runterladen. Den Zugriff über den eigenen Reflektionsprozess sollten aber meiner Meinung nach die Patient:innen jederzeit zu 100% haben - und sich nicht mit einer Zusammenfassung begnügen müssen.
Hinzu kommt der Zeitdruck: Nach 90 Tagen ist Ende, auch wenn nicht alles bearbeitet ist von den angebotenen Modulen. 90 Tage sind für einen ADHSler ja mehr so zwei Wochen. Ob die Krankenkassen ein erneutes Verschreiben unterstützen, oder frau dann halt Pech hat?... Das Ganze ist eben ein rein profitorientiertes Projekt, und nicht etwa ein Angebot entwickelt im Auftrag der Krankenkasse, um Betroffenen etwas an die Hand zu geben, wenn es schon keinen Therapieplatz gibt.
Aber die Leute meinen ja, das Gesundheitswesen muss durch und durch kapitalisiert werden, und wählen weiter munter Parteien, die eben dies fördern...
Die 90 Tage fand ich auch ne zu kurze Zeit. Wie viel pro Tag ist da verlangt?
Falls Du den Zeiteinsatz pro Tag meinst...
Es gibt wohl sechs "Gespräche", in denen man sich Grundlagen erarbeitet. Das sind mehr so Happen für den Goldfisch, als seitenlange Ausführungen.
Und dann gibt es noch sogenannte Reflektionsübungen, sowie Impulse per SMS oder Mail. Wie viel Zeit pro Tag man reinsteckt, bleibt einem dabei selbst überlassen:
Erfahrungsgemäß brauchen aber vor allem die Veränderungen an sich viel Zeit. Das Hirn hasst es ja, seine gewohnten Pfade zu verlassen. (Ich verweise zum Hintergrund mal wieder auf meinen Lieblingserklärkurzfilm dazu) Also können die 90 Tage nicht mehr als ein erster Einstieg sein...
Sich unterstützt und motiviert auf den Weg zu machen, und dann nach 3 Monaten alleine irgendwo stehen gelassen zu werden, ist aber vielleicht keine gute Erfahrung.
Sinnvoller erscheint mir, das Ganze auf ein Veränderungsjahr auszudehnen, so dass ein intensiver Veränderungsprozess per App begleitet würde. Vielleicht haben die Entwickler aber auch in Vorstudien heraus gefunden, dass die Probanden alle munter prokrastiniert haben... und im Dezember dann vergeblich versuchten, in nur 30 Tagen schnell noch das Programm zu absolvieren.
Vielleicht muss auch erst erprobt werden, wie die Compliance (Therapieadhärenz) stabil gestaltet werden kann. Das Ganze steckt ja noch in den Kinderschuhen.
Fazit: Um Flexibilität und förderliche Struktur auszubalancieren, könnten 90 Tage ein effizienter Kompromiss sein. Wenig sinnvoll erscheint auf jeden Fall, dass nach Ablauf der Frist nichts mehr vertieft werden kann, weil man an die einzelnen Module wohl nicht mehr dran kommt, sobald sie einmal durchgescrollt sind.
Ich finde: Weiterscrollen heißt nicht automatisch verstanden und verarbeitet haben. Ganz besonders nicht bei Menschen mit ADHS...