In keinem anderen Land in der EU gibt es so wenige Wohneigentümer wie in Deutschland. Das liegt etwa an den hohen Baukosten hierzulande - hat aber auch historische Gründe. Von Antonia Mannweiler.
Wie ich muss für ein Haus sparen? Waaaaaaas ich soll jahrelang weniger in den Urlaub fahren, kein neues Auto fahren, mein neues iPhone und fucking nicht mehr ins Restaurant jedes Wochenende? Wo bleibt denn da der Spaß. Yolo.
Ich war letztes Jahr außerhalb der Saison in Deutschland im Urlaub, davor zuletzt 2021. Mein jetziges Telefon hat 2019 120€ gekostet. Ich gehöre als Single mit meinem Einkommen nach den jetzigen Definitionen wohl knapp zur Oberschicht. Bestelle so gut wie nie Essen, und wenn ich ins Restaurant gehe sind es meist so 25 Euro, wahrscheinlich alle 2 Wochen. Auto besitze ich keins. Keine Kinder.
Ein Haus bei den jetzigen Preisen kann ich mir allerdings nicht leisten. Da zahle ich viel zu lange Beträge, die einfach hart ins Geld gehen und wo dann einfach nichts mehr passieren darf. Und das sind dann nicht gute Immobilien in den Ballungsräumen, sondern 70er Häuser in der Pampa. Die Bekannten, die ich habe und die ein Haus bauen, haben das Grundstück geerbt und zahlen den Kredit, bis sie über 80 sind (nachdem sie mehrere Jahre als Doppelverdiener weniger als 400 Euro Warmmiete gezahlt haben und entsprechend sparen konnten).
Zu den absoluten Mondpreisen kommen dann eben noch die Notarkosten, Grunderwerbssteuer sowie die Kosten für den Grundbucheintrag. Ist dann auch nochmal ungefähr ein Neuwagen. Bei Kauf eines Hauses dann meistens noch die Kosten für Renovierung und Modernisierung.
Meine Partnerin und ich haben ein Haushaltseinkommen nördlich von 250 kilo pro Jahr. Wir können uns kein Haus kaufen, nichtmal ein Halbes ohne Land, die sind deutlich mehr als zwei Millionen. Eine Wohnung gibt's für knapp unter zwei Millionen. Dafür würden wir alles, was nach Abzug der Lebenshaltungskosten und Steuern übrig bleibt, während 20 Jahren in die Wohnung stecken, zusätzlich zur Verpfändung des Rentenkapitals sowie aller Ersparnisse, die nicht ohne sind. Und nach diesen 20 Jahren gehört das Objekt erst zu 2/3 uns. Allein für die Zinskosten könnte man sich in den 90ern zwei Häuser mit ordentlich Land kaufen.
Und wir sind ohne Kinder und Einkommensmässig in der oberen Mittelschicht. Wir haben kein Auto, und wir fliegen nie, weder in den Urlaub noch sonstwohin.
Jetzt überleg mal wie das für Leute in der Mitte oder leicht darunter mit nur einem Einkommen und mit Kindern aussieht.
Wir haben ein gewaltiges soziales Problem.
(Die Zahlen sind höher als in Deutschland weil Schweiz, aber die Verhältnisse von Einkommen und Immobilienpreisen sind soviel ich sehen kann ähnlich.)
Ich denke eigentlich ist wenig Hauseigentum gut denn wenn Menschen zwischen einer Umgebung wählen können die an die Bedürfnisse aller angepasst wird und ihrer einen, alles dominierenden Geldanlage Eigenheim dann wird oft in bester NIMBY-Manier die Geldanlage Eigenheim bevorzugt und wichtige Projekte wie sozialer Wohnungsbau, Infrastruktur-Maßnahmen und generell alles was etwas verändern könnte blockiert.
Das Problem ist eigentlich nicht wie hoch die Eigentums-Quote ist sondern wie ein absolut notwendiges Gut in unserer Gesellschaft zum Spielball des Kapitalismus gemacht wird.
Man sieht an einer Stadt wie Berlin sehr gut, wie die zwangsläufige Aufwertung mancher Viertel nach der Wende ökonomisch an den meisten Bewohnern dort vollkommen vorbeigegangen ist, da es eben nur ihre Mietwohnung und nicht ihr Eigentum war, das plötzlich im Wert gestiegen ist. Nicht nur haben sie nicht profitiert, sie hatten sogar Nachteile.
Aus partizipatorischer Sicht wäre eine höhere Eigentumsquote wünschenswert, denn dann profitieren von solchen Bewegungen nicht mehr nur irgendwelche Vermieter und die paar Eigentümer, sondern breitere Teile der Gesellschaft.
Ich glaube du hast mich falsch verstanden. Ich bin nicht für konzentrierten Wohnungsbesitz statt verteilten, ich bin dagegen Wohnungen überhaupt als Geldanlage für irgendwen zu verwenden in der gleichen Art und Weise wie man auch nicht z.B. ein Wettbüro wer überlebt in eine Notaufnahme bauen sollte oder Spekulationen auf Grundnahrungsmitteln verboten sein sollten.
Aus partizipatorischer Sicht wäre eine höhere Eigentumsquote wünschenswert, denn dann profitieren von solchen Bewegungen nicht mehr nur irgendwelche Vermieter und die paar Eigentümer, sondern breitere Teile der Gesellschaft.
Da differenzierst du nicht ausreichend genug, wie es typisch in dieser Debatte für Anhänger des EFH-Lifestyles ist. Deine Aussage wäre nur dann richtig, wenn man gezielt Eigentum an Wohnungen fördern und dezidiert EFHs ausschließen würde. Hinter solche Forderungen steckt aber tatsächlich meistens nur der Wunsch EFH-Besitz sogar noch krasser zu fördern. EFHs sind aber gemeinwohlschädlich.
Bin in der Erwartung des Spießer-Miefs in die Kommentarsektion gekommen und finde dann so ein Goldstück! Der "Traum" vom Eigenheim ist auf persönlicher Ebene eine delusionale Vorstellung, die auf falschen Prämissen aufbaut (Kinder hätten gerne einen Garten, suburbaner Raum wäre grün, Fahrtzeiten sind keine Kosten, Städte sind von Natur aus laut und dreckig, ...) und auf gesellschaftlicher Ebene ungeheuer schädlich und wohlstandsvernichtend.
Weder 100 Prozent Mieter, noch 100 Prozent Eigentümer seien vorteilhaft für Gesellschaft und Wirtschaft, so Kholodilin. In einigen Ländern sei die einzige Möglichkeit, in Ballungsräumen zu leben, Eigentum zu kaufen. Wenn man sich das nicht leisten könne, müsse man am Ende andere Ausgaben reduzieren oder weit zum Arbeitsplatz pendeln. Zudem sei die Wohnungswirtschaft volatiler bei einer hohen Eigentumsquote. "Die Preise steigen und schwanken stärker, was auch nicht unbedingt die Stabilität fördert", sagt der Experte.