Ist euch mal aufgefallen, wie wir nicht mehr von IT-Experten sondern IT-Fachkräften sprechen. Eine Fachkraft ist lt Wikipedia "eine Arbeitskraft [...], die eine gewerbliche, pflegerische, kaufmännische oder technische Berufsausbildung, vor allem im Rahmen des dualen Systems oder an einer Fachschule, erfolgreich absolviert hat." Ein Fachkraft ist also jemand mit abgeschlossener Ausbildung, eine Stufe über einem ungelernten Arbeiter.
Wer so spricht, sieht Kostenfaktoren. Der Drucker geht nicht, hol mal ne Fachkraft. Die IT-Fachkraft soll das Kabel wieder einstecken, dass die Putz-Fachkraft herausgezogen hat.
Das ist die Preisklasse. Natürlich finden die niemanden.
Die suchen nicht den Top-Informatiker mit entsprechendem Gehalt und Aufgaben.
Natürlich sind die guten Leute auch knapp, das liegt in der Natur der Sache. Auch hier vermute ich, dass die Nachwuchsprobleme zum Teil an der Fachkräftisierung (schöne Wortkreation) des Berufsstandes liegt. Weil man z.B. den Programmierer auf der untersten Hierachieebene am Ende einer Befehlskette parkt, ist die (schwierige) technische Ausbildung weniger attraktiv als Studiengänge und Einstiegsjobs, die direkter an eine Managementaufgabe heranführen.
Die Konsequenz ist ein struktureller Wissensgap. Ich schreib hier nicht offen über meine Arbeitgeber, aber es gibt IT-Abteilungen ohne jegliche IT-Kompetenz. Da sind die alten Hasen, die kennen "Ihr" System, ein kommerzielles Produkt, für das der Hersteller seit 10 Jahren keine Updates mehr liefert; die jungen Manager mit akademischen Abschluss (aber nicht Informatik und ohne praktische Erfahrung); und die Generalisten, oft Quereinsteiger, die gelernt haben sich durchzuwurschteln. So ein Laden funktioniert, ist aber nicht anschlussfähig. Natürlich spricht da auch niemand richtig Englisch. Da kannst Du nicht einfach ein paar Software-Entwickler anwerben.
Aber ich bin abgeschweift. Wir waren beim Wissensgap. Das Konzept "Fachkraft" (in dualer Ausbildung) braucht zwei Säulen, einen schulischen Teil, in dem gewisse Standards gelehrt werden, und einen betrieblichen Teil, in dem Wissen weitergegeben wird. Das funktioniert nicht, wenn man als Gesellschaft und Unternehmen den Anschluss längst verloren hat.
Ich kann vieles, aber ich kann bestimmt keine 15-jährige Hauptschüler:in, die nicht intrinsisch motiviert ist, ausbilden. Ich, Akademiker, 100% Alman. Keine Chance.
Hallo Kollege, wusste gar nicht, dass Du auch hier arbeitest. Du hast aber noch die Fachabteilungen vergessen, die sich standhaft weigern, sich mit technischen Themen auch nur auf allgemeiner Ebene mal auseinander zu setzen. es wird halt eine Lösung gefordert. Wenn man dann aber eine genauere Beschreibung des Problems einfordert, blickt man nur in leere Gesichter.
Bin Berater und das ist überall so. Irgendwann kauft man dann so Leute wie mich ein weil nix mehr geht und wir fressen dann alles auf was der Laden noch an Geld hatte. Sind auch immer wieder genau die gleichen Probleme die man antrifft.
Jetzt kann man sagen, klar, ich gehe ja auch nur da hin wo es Probleme gibt, aber wir haben tausende Mitarbeiter in der Beratung und davon ist ja auch nicht jeder top.
Sehe auch nicht wie man da wieder raus kommt. Aber man versteht zumindest warum jede App und jeder Service mittlerweile so miese Qualität hat und ständig neu entwickelt wird.
warum jede App und jeder Service mittlerweile so miese Qualität hat und ständig neu entwickelt wird
Das ist wsl ein ganzes weiteres thema an sich.
Aber vorallem aus programmen die von firmen/staatsnahen betrieben kommen frag ich mich, warum immer alles neu?
Jedes jahr neues update, neue oberfläche dinge fallen weg. Oder werden ganz anders neu aufgebaut.
Das schaut für mich eher nach hit or miss als nach langfristiger planung aus.
Schon klar das es schwieriger ist etwas zu erweitern und erhalten und dann zu verbessern. Als von grundauf neu zu machen. Aber das kann auf dauer doch nicht die lösung sein?
Die Typen, die ein Druckerkabel reinstecken können und Windows neu aufsetzen können, die findet man haufenweise. Auch auf dem Junior-Niveau ist der Markt total überflutet.
Aber sobald es an die Stufe über Junior geht, wirds ziemlich schnell mau.
Die Unternehmen in Stellenausschreibungen so: Du brauchst mindestens 5 Jahre Erfahrung in: Vue Js, Azure, Python, Aws, Rust, Webdesign, Oracle Datenbank, Kubernetes, Hadoop, Powershell und Selenium.
Es ist vor allem auch immer albern die Erfahrung in Jahren auszudrücken. Ich hab vor 2 Jahren für ein paar Monate in einer Firma ausgeholfen, die noch AngularJS verwendet haben, also wirklich das alte Angular 1.x. Bevor ich da angefangen habe, hatte ich noch nie was damit gemacht, als ich gegangen bin, konnte ich es besser als jeder andere aus dem Team. Es ist einfach viel wichtiger, dass die Basics sitzen und dass man mit Dokumentationen gut umgehen kann, als dass man 5 Jahre lang immer wieder die gleichen grundlegenden Features falsch verwendet hat.
Genauso kenne ich auch etliche Entwickler, die zwar auf dem Papier 15 Jahre und mehr C++ Erfahrung haben, aber von den ganzen C++0x und neuer Sachen praktisch keine Ahnung haben
Währenddessen hat nicht ein Unternehmen in meiner Gegend Interesse an Quereinsteigern ohne Studium im IT-Bereich. Ich betrachte mich definitiv als überdurchschnittlich (Computer) technisch versiert, kann von Einrichtung bis Konfiguration und Montage alles selbst, habe auch selbstständig diverse mods für games geschrieben (und davor, gelernt zu modden). Bin also generell versiert und in der Lage mir Wissen anzueignen falls notwendig.
Trotzdem gibt mir keiner auch nur die Gelegenheit zum Probearbeiten, sucht aber seit 6+ Monaten für die gleichen Stellen.
Aus meiner Erfahrung scheitern Quereinsteiger oft daran, dass sie nichts zum Vorzeigen haben. Das müssen aber nicht Abschlüsse sein.
Wenn du ein cooles Projekt bastelst und auf Github stellst, oder bei irgendeinem Projekt auf Github mitarbeitest, erhöht das deine Chancen enorm. Muss nix Großes oder Geniales sein. Es muss nur irgendwas sein, das zeigt, du siehst ein Problem und kannst dir eine Lösung dafür basteln.
Quelle: Ich war oft genug auf der anderen Seite des Bewerbungsprozesses (als technischer Beisitzer) und weiß deswegen, was die Firmen sich wünschen.
Es gibt Unternehmen, die sehr stark auf die formale Qualifikation achten (das wird ja auch hier in den Kommentaren stellenweise deutlich) und je nach Profil nur mit einem ganz bestimmten Abschluss einstellen. Das sind auch überdurchschnittlich oft die Unternehmen, die jammern, dass es kaum noch möglich ist, qualifiziertes Personal zu finden und keiner mehr arbeiten will.
Ein guter Teil erkennt aber auch, dass Quereinsteiger durchaus systemisch und logisch arbeiten können und freut sich über Bewerber mit entsprechenden Profilen auf Plattformen wie GitHub oder auch über Videos von Vorträgen auf thematisch passenden Konferenzen und dergleichen. Auch in Deutschland. Da arbeitet dann auch mal der Schulabrecher neben dem Ivy League-Absolventen für ein sechsstelliges Jahresgehalt.
Karl-Heinz (EDV-Abteilungsleiter seit 1987) bei der Nachbarfirma redet sich derweil ein, dass Quereinsteiger doch nur Code-Monkeys sind, die seinen architektonischen Meisterleistungen nie das Wasser reichen können. Und findet keinen Nachwuchs.
Kleiner Tipp: schaff dir Methodik und Werkzeuge drauf, beides quelloffen als Wissen oder Software verfügbar. 90% der Quereinsteiger scheitern daran, dass sie zwar irgendwie halbwegs programmieren können, aber den Rest nicht (Teamarbeit, Workflow, eigenständige Organisation, Dokumentation lesen und schreiben, Nutzung gängiger Werkzeuge) und der ist mindestens genauso wichtig.
Ich bin auch genau der Typ Quereinsteiger, den Du beschreibst. Ich hab das halt in meinem ersten Job gelernt.
Ja, sehr viele Tools sind Open Source; manche aber auch kommerziell. In beiden Fällen ist es nicht leicht, das alleine im Keller zu lernen; weil du ja keinen Bedarf hast für das große Werkzeug. Und dann unterscheiden sich die Unternehmen eben doch in Ihrer Methodik und den Tools; von außen ist das schwer zu erraten. Deswegen bleiben viele ja auch in ihrer Nische (ein Ökosystem, eine Programmsprache, ein Betriebssystem, eine Branche, eine Cloud). Nicht weil das lernen der Technologie ein riesiges Hindernis wäre, sondern weil es einfach ist einen Job zu finden, wenn man dieselbe Sprache spricht.
Ich würde OP einen anderen Tipp: Ein Skill genügt für den Einstieg. Wenn ein Unternehmen einen Windows-Admin sucht (egal was für fancy buzzwords in der Stellenbeschreibung stehen) und du kannst das oder auch nur überzeugend darlegst, dass du dich einarbeitest, dann hast du gute Chancen.
Du musst nur herauslesen, was sie wirklich suchen. Oft ist der Bedarf gar nicht so groß; man hat halt ein paar offene Stellen, dass man jammern kann. Ne Chef, du bekommst keinen neuen Laptop; da haben wir keine Kappa für.
Ich will deine Kenntnisse keinesfalls in Abrede stellen, aber es gibt einen großen Unterschied zwischen jemandem mit einem Studium und ohne. Du wirst dank deiner Talente, Auffassungsgabe und Motivation vmtl in nur 1-2 Jahren als Software Entwickler arbeiten, dabei aber unabsichtlich beispielsweise Code mit exponentieller statt linearer Komplexität schreiben. Gewisse Sachen lernt man halt schon nur richtig in einer Schule.
Für gewisse Aufgaben braucht's halt schon jemanden mit einer fundierten Ausbildung.
Abgesehen davon - die meisten Unternehmen verlangen ein Studium obwohl keines nötig ist. Sehr viele Stellen in der IT sind nicht so anspruchsvoll.
Oh ich bin definitiv nicht gleichwertig qualifiziert mit einem gelernten Programmierer oder Systemadministrator, aber ich bin mir sicher ich kann die meisten computerorientierten Aufgaben besser als ein durchschnittlich qualifizierter Büroangestellter, und wäre auch bereit mich aus- oder fortbilden zu lassen um eventuelle Lücken zu schließen, sofern dann ein anständiger job winkt.
Nur scheint das den Firmen nicht genug zu sein um mich mal "auszuprobieren", trotz des angeblichen händeringenden Personalmangels.
Im Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte verschlechtert sich die Lage schon das zweite Jahr in Folge. 149.000 Jobs in Deutschland sind inzwischen unbesetzt.
Sie verbessert sich, denn ein größerer Mangel hat ja nicht nur zur Folge, dass höhere Gehälter bezahlt werden, sondern auch dass mit der Arbeitskraft vernünftiger gehaushaltet werden muss und daher tendenziell wichtigere Projekte umgesetzt werden.
Ich würde aber widersprechen. Die Lage hat sich deutlich verschlechtert. Der Markt für Juniors ist absolut geflutet, während gleichzeitig weniger Stellen für Juniors ausgeschrieben werden. Nach meiner Einschätzung werden wechselwillige Seniors aber auch auf eine Überraschung stoßen.
Ich würde aber widersprechen. Die Lage hat sich deutlich verschlechtert. Der Markt für Juniors ist absolut geflutet, während gleichzeitig weniger Stellen für Juniors ausgeschrieben werden. Nach meiner Einschätzung werden wechselwillige Seniors aber auch auf eine Überraschung stoßen.
Habe letztens in einer Kommentarspalte auf Lemmy dazu interessante Anekdoten gelesen. Die Aussagen waren, dass viele junge Menschen, insbesondere was den PC betrifft, wieder weniger technisch versiert sind. Die These war, dass viele nur noch das Handy nutzen und da läuft einfach alles. Auch beim PC ist alles viel anwendungsfreundlicher geworden und man muss sich nicht mehr selbst um Problemlösungen kümmern.
Kann ich so bestätigen. Wir haben immer mal wieder Leute für Schul- oder Kurzpraktika da (und wir benutzen die tatsächlich auch nicht nur als billige Arbeitskräfte!). IT-Servicedesk und Onsite-Support.
Viele von denen haben zuhause keinen Computer, und wissen noch nicht mal, was ein Dateisystem ist. Der Witz von damals, dass Leute ihre Dateien "in Word" speichern ist wieder aktuell. Die Jugendlichen speichern ihre Bilder "in WhatsApp".
Hab ein paar Jungs im Verein PCs zusammengestellt und die durch die Anfänge geführt. Da fehlten bei allen absolute Kernkompetenzen. Ich musste denen quasi erstmal beibringen was ein linker Mausklick ist
Es ist doch egal, ob die Generation im Mittel weniger computeraffin ist. Der relevante Pool, nämlich diejenigen, die sich dafür interessieren oder im Keller groß werden, werden sogar mit mehr Wissen ins Berufsleben starten können, einfach weil es heute so viel besser verfügbar ist.
Ist komplett egal ob jemand Ordner in Windows und Linux versteht, das ist in 5 minuten gelernt. Die Kommentarspalte hab ich auch gesehen. Voller gatekeeping und früher war alles besser.
Steuerberater kreiswichsen auch nicht darüber wie wenige kinder in der schule mit steuern klar kommen.