Ich habe Homo Faber weit nach der Schulzeit gelesen und fand es toll.
Für mich persönlich war das Framing häufig ein Problem - Bücher die im Deutschunterricht behandelt werden waren per Definition doof.
Mittlerweile tun mir die Deutschlehrer*innen leid. Die hätten das beste Buch aller Zeiten behandeln können und die positivste Reaktion meinerseits wäre ein Schulterzucken gewesen.
Es ist noch nicht mal nur das Framing - für mich war es damals das, was man mit den Büchern dann machen musste. Dieses dröge Auseinanderpflücken. Dieses absurde Analysieren irgendwelcher Metaphern. Die Inhaltsangaben. Klar, im Nachhinein weiß man, was da der pädagogische Sinn hätte sein sollen, aber meine Deutschlehrer hätten mir damit auch alle meine Lieblingsbücher vergällt.
Und nein, ich hab in den Jahrzehnten nach der Schule dann ernsthaft nie wieder ein Gedicht analysiert. Oder irgendwelche Rondell-Motive untersucht. Sondern einfach Bücher gelesen und genossen.
Ich glaub es liegt schon am Deutschunterricht und nicht einfach daran dass es im Unterricht behandelt wird. Diese totale Überinterpretation jedes kleinsten Details die Deutschlehrer da machen zerstört halt alles Gute was in dem Werk vielleicht enthalten ist.
Nicht Überinterpretation, aber schlechte Interpretation ist ein Problem. Überinterpretieren im landläufigen Sinne (also: in zufällige Details Bedeutung legen, die sie nicht haben, weil sie zufällig sind) geht bei solchen Büchern nicht, weil es kaum zufällige Details gibt. Nur wenn man zu blöd zum interpretieren ist, weil man in seinen Literatur-Proseminaren nur im Zalando-Katalog geblättert hat, und dann vor den Schülern irgendetwas zusammenschustert (weil, interpretieren ist ja subjektiv und da kann man eh nix falschmalchen), um zu kaschieren, dass man von Literatur keine Ahnung hat, dann werden die Schüler natürlich auch keinen Spaß dran haben.
In der 10 konnte unsere Deutschlehrerin ein Buch frei wählen und wir haben "Im Westen nichts Neues" gelesen. Das hat mich nachhaltig beeindruckt und ich habe es danach noch mehrmals gelesen, ebenso wie zuletzt andere Bücher von Remarque.
Unser Deutschlehrer hat uns in der 10. abstimmen lassen aus welchem Genre wir unser Buch lesen wollten. Er hat es aber ausgesucht.
Wir haben dann einen Krimi gelesen, Der Richtet und sein Henker. Glaube das hat uns allen im großen und ganzen gefallen. Liegt also wohl nicht nur daran, dass es in der Schule gelesen wird.
Habe irgendwann in meinen 30ern das Theater für mich entdeckt. Das hat viel Schul-Literatur für mich rehabilitiert. Musste dann auch viel an meinen alten Deutschlehrer an der Realschule denken, der auch immer wieder versucht hat uns für diese Bücher zu begeistern. Leider ohne Erfolg. Denke in dem Alter ist man durch die Hormone und andere Themen einfach ein bisschen zu stumpf für sowas.
Habe kürzlich Biedermeier und die Brandstifter sowie Kohlhaas gesehen und finde beide Stücke sind heute relevanter denn je.
Das problem ist das die meisten "dieser" Bücher keinen Plot hätten wenn sich die Charaktere irgendwie wie normale Menschen verhalten würden. Dementsprechend war das immer unrelatable und irrelevantes Drama um nichts. Klar das mich das nicht juckt selbst als seit der Kindheit viel belesener Mensch und sporadischen Schauspielgenießer...
Dazu kommt aktuell noch der wunderbare Fakt, dass ein Großteil aller Storys im Smartphone-Zeitalter auch total überholt ist. Klar, damals bei Romeo und Julia gab es noch keine Handys, aber es ist wirklich erstaunlich, wie viele Geschichten zusammenbrechen, wenn die Protagonisten ein Handy hätten und sich jederzeit anrufen könnten
Klar, jede Geschichte, die sich nicht 1:1 auf die eigene Lebenswelt übertragen lässt, ist eigentlich irrelevant. Wunderbarer Fakt. Wer würde auf die Idee kommen, Harry Potter zu lesen, ohne selber zaubern zu können.
Für mich war damals eher das Problem, dass mir niemand sagen konnte, warum dieses Buch jetzt eigentlich so toll sein soll.
Uns wurde damals Wahlverwandtschaften als absolutes Meisterwerk verkauft, obwohl es bei Lichte betrachtet heute eine Romanze im Zeitungsregal bei Spar wäre.
Den abenteuerlichen Simplicissimus hab ich aber freiwillig gelesen, weil ich das interessant fand. Im Unterricht fand der nur als Randnotiz statt.
Bücher mögen im historischen Kontext eine Bedeutung gehabt haben, aber nüchtern betrachtet ist Faust auch nur Harry Potter für Bildungsbürger. Das kann man auch mal so anerkennen.
Mir kommt es so vor, als ob 1900 mal eine Konferenz von kaisertreuen Philologen einen Kanon an "guten" Büchern festgelegt hat, zu dem dann alle 10 Jahre mal ein neues Buch kommt das war's dann. Niemand hinterfragt mehr, ob Nathan der Weise wirklich so tiefgründig ist.
Ich habe unironisch Kafka gemocht (+ Expressionismus und Trümmerliteratur), der Oberstufenunterricht hat mir tatsächlich Spaß gemacht da ich eine Deutschlehrerin gehabt hatte die wirklich Nachdenken und Interpretation belohnt hat.
Kafka polarisiert, manche mögen ihn, manche hassen ihn und manche kennen ihn nicht. Eine 4. Option gibt es nicht. Bei mir in der Schule war ich bei weitem nicht der einzige der ihn geliebt hat. Ich habe auch nach der Schule Kurzgeschichten von ihm gelesen und jetzt vor kurzem das erste mal den Prozess, und das Schloss steht ganz oben auf meiner Leseliste
Ich glaube ich habe ein Trauma von "Die heilige Johanna der Schlachthöfe". Weil ich die 11. damals wiederholen durfte, hatte ich die fragwürdige Freude, zwei Jahre lang dieses Buch durchzukauen.
Wir hatten tatsächlich den Hobbit in der 7. Klasse oder so gelesen. Das war so eines der zwei Bücher, die ich im Deutschunterricht nicht komplett schlecht fand.
Woyzeck war am schlimmsten. Das war ja keine Buch, dass war nur eine Ansammlung handgeschriebener Notizen, geschrieben in einem Dialekt den schon unsere Urgroßeltern als alt empfunden hätten.
Besuch der alten Dame fand ich gut, die Handlung ist ziemlich zeitlos.